>
Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

 

Flüssigsprengstoffe – unsichtbare Waffen des Terrors?

von Prof. Oliver Reiser

Nach Erkenntnissen britischer Terrorfahnder sollten Flugzeuge mit an Bord geschmuggelten Flüssigsprengstoffen zum Absturz gebracht werden. © Chemie-im-Alltag 2006.

Mindestens 9 Flugzeuge, die von Großbritannien aus verschiedene Ziele in den USA anfliegen, sollten nach Erkenntnissen britischer Experten mit Flüssigsprengstoffen, die in Sportgetränkeflaschen an Bord geschmuggelt werden sollten, zur Explosion gebracht werden. Mit 3000 Toten wäre zu rechnen gewesen, wenn die Abstürze, wie offenbar geplant, über Großstädten stattgefunden hätten, hätte die Zahl der Opfer sogar deutlich höher sein können.

Flüssigsprengstoffe – unsichtbare Terrorwerkzeuge?

Bislang ging man davon aus, Attentate von Terroristen im Flugzeug durch das Unterbinden von Waffenschmuggel im Handgepäck in den Griff bekommen zu können. Da herkömmliche Waffen, etwa Pistolen oder Messer aus Metall sind, kann man sie durch Durchleuchten mit Röntgenstrahlen aufgrund ihrer hohen Dichte sehr gut aufspüren. In der Tat scheint die Effektivität dieser Maßnahmen gut, so habe ich selbst erlebt, wie eine winzige Feile im voll gepackten Rucksack meiner Frau aufgespürt und konfisziert wurde. Auch feste Sprengstoffe glaubt man anhand ihres charakteristischen Dichtebereichs mit optischen Verfahren sicher detektieren zu können – eine Einschätzung, die ich nur für manche Sprengstoffe teile.

Das Aufspüren von flüssigen Sprengstoffen, die in ihrer äußeren Erscheinung Wasser zum Verwechseln ähnlich sein können, ist dagegen sehr viel schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich. Die jetzt aufgedeckten Terrorpläne bringen eine Gefahr an die Öffentlichkeit, die Experten längst bekannt war: Chemikalien können im Allgemeinen nur mit Spezialverfahren, und schon gar nicht im Massendurchsatz, wie an Flughäfen zur Bewältigung der großen Zahl an Reisenden erforderlich, entdeckt werden.

Chemikalien im Handgepäck

Die große Zahl bekannter und die stete Möglichkeit der Entwicklung neuer Sprengstoffe macht es auf den ersten Blick unmöglich, sie bei einer Handgepäckkontrolle effektiv herauszufiltern. Schließlich hat jeder in der Regel in seinem Handgepäck Chemikalien: alkoholische Getränke, Rasierwasser, Waschmittel, Haarspray, Sonnencreme, Zahnpasta, Medikamente – manche Herzmittel enthalten Nitroglycerin, das im Falle eines akuten Herzinfarkts durch Erzeugung von Stickstoffmonoxid die verstopften Adern erweitert und somit den Blutfluss wieder ermöglicht.

Damit eine Verbindung jedoch zum Sprengstoff wird muss sie in der Lage sein, großen Mengen an Gas schlagartig zu produzieren. Daher gehören die überwältigende Zahl der Sprengstoffe zu der Klasse der Nitroverbindungen – Dynamit (stabilisiertes Nitroglycerin), TNT, Hexogen, HMX sind die bekanntesten Vertreter. Nitroglycerin ist in reiner Form eine klare Flüssigkeit, die von Wasser auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden ist.

> > > WEITER zum zweiten Teil: Das Aufspüren von Sprengstoffen