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Oliver Reiser

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Napoléon Bonapart – Todesursache: ungewiss?

von Michael Klossek

Über den Tod des einstigen französischen Kaisers ranken sich viele Gerüchte. Hat man ihn heimtückisch mit Arsen vergiftet, oder litt er an Magenkrebs, der ihn dahinraffte? Heute scheint man dem Geheimnis auf die Spur gekommen zu sein. © Chemie-im-Alltag 2006.

Ich will nach meinem Tod seziert werden. Das sollen Napoléons letzte Worte zu seinem Leibarzt Francesco Antommarchi gewesen sein bevor er am 5. Mai 1821 im Alter von 51 Jahren in seinem Exil auf der Insel St. Helena starb.

Nach seinem Tod wurde sein Leichnam obduziert und als Todesursache Magenkrebs festgestellt.  Es gab allerdings drei weitere Obduktionsberichte, die sich teilweise widersprachen. Deshalb, und wegen der Erinnerungen Napoléons Kammerdiener, der die Leiden und die Krankheitssymptome seines Herren in seinen Memoiren festhielt, entstand ein Mythos um den Tod des Großen „kleine“ Franzosen erhalten.

Arsen im Haar - Anzeichen für eine Vergiftung?

In der Mitte des letzten Jahrhunderts glaubte man, einen Beweis für einen Giftmord an Napoléon gefunden zu haben: Man stellte bei einer Untersuchung seiner Haare einen Arsengehalt fest, der um das 5fache höher gewesen ist als bei der heutigen Bevölkerung. Untersuchungen weiterer Haarproben aus den Jahren 1805 und 1814  – vor seiner Zeit im Exil – zeigten aber, dass die Arsenwerte zu diesen Zeitpunkten bereits ebenfalls erhöht waren. Außerdem sind die gefundenen Konzentrationen für eine Vergiftung mit Todesfolge zu gering. Einige Wissenschaftler fanden heraus, dass sich das Arsen nur außen auf den Haaren befand. Dies konnte man dadurch erklären, dass Arsentrioxid ein beliebtes Konservierungsmittel für Leichen war. Weitere Untersuchungen zeigten aber, dass sich auch im Inneren der Haaren Arsenspuren nachweisen ließen.

Arsentrioxid – beliebtes Gift vergangener Jahrhunderte

Arsen selbst ist ein Metall. Die als Gift eingesetzte Verbindung ist das Arsentrioxid, auch als Arsenik bekannt, das man durch Rösten aus Arsen-haltigen Erzen gewinnen kann. Arsentrioxid ist ein weißes, geruchloses Pulver, das in Wasser farblose Lösungen bildet. Oral aufgenommen sind etwa 0.1 Gramm für einen Menschen tödlich. Arsentrioxid, schon seit der Spätantike als Gift bekannt, ließ sich bis ins 19. Jahrhundert hinein praktisch nicht nachweisen, was seine Beliebtheit – 90-95% aller Giftmorde gingen in dieser Zeit auf dessen Konto – erklärt. 1836 entwickelte Marsh ein Verfahren (heute bekannt als Marshsche Probe), bei dem man die leicht mögliche Reduktion von Arsenverbindungen zu Arsenwasserstoff durch Zink ausnutzt. In der Hitze zersetzt sich Arsenwasserstoff zu metallischem Arsen, das man als Metallspiegel an einer Porzellanschale niederschlagen kann.

Weinfässer oder grüne Farbe?

Es gibt aber eine ganze Reihe von Erklärungsversuchen, warum sich auch auf „natürlichen Wegen“ soviel Arsen in Napoléons Körper angesammelt haben könnte. Es könnte an seiner Vorliebe für Wein gelegen haben, denn die Winzer reinigten ihre Weinfässer damals mit arsenhaltigen Lösungen. Auch die grüne Farbe in seinem Arbeitszimmer auf der Insel St. Helena, in dem er sich meistens aufhielt, könnte ein Grund dafür gewesen sein. Diese Farbe enthielt nämlich einen Farbstoff bestehend aus Kupferarsenit. In dem feucht-warmen Klima können sich Schimmelpilze gebildet haben, die die Farbpigmente zersetzt und gasförmiges Trimethylarsen freigesetzt haben, das über die Atemluft in Napoléons Körper gelangt ist.

Verraten die Hosen die Todesursache?

Viele Wissenschaftler sind aber letztendlich der Meinung, dass Napoléon nicht an einer Arsenvergiftung gestorben sein kann. Am wahrscheinlichsten ist immer noch der Tod durch Magenkrebs. Auch sein Vater, wie zwei seiner Schwestern sind an Magenkrebs gestorben. Außerdem litt Napoléon schon seit seiner Jugendzeit an Magenbeschwerden und Darmstörungen. Ein ungewöhnlicher Hinweis für seine Krankheit wurde von schweizer Wissenschaftlern im Institut des Basler Universitätsspitals bei der Untersuchung seiner Hosen entdeckt. Sie fanden heraus, dass Napoléon, der in der Zeit als Kaiser sehr dick geworden war, kurz vor seinem Tod stark an Gewicht verloren hatte, was ein  typisches Anzeichen bei Magendarmkrebspatienten ist.

Auch wenn viele Wissenschaftler die Todesursache als geklärt betrachten wird es immer Menschen geben die nicht an den Tod durch Magenkrebs glauben und somit den Mythos, der sich um den Tod Napoléons rankt, weiterleben lassen.

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