>
Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

Gefahr durch Kokain in Red Bull® Cola?

Oliver Reiser

Red Bull® verleiht Flügel, mehr als nur ein erfolgreicher Werbeslogan? Wie sind die gefundenen Spuren von Kokain in der Cola zu bewerten? © Chemie-im-Alltag 24.5.2009.

Red_BullGegenwärtig machen Meldungen die Runde, nach denen bei einer chemischen Analyse Spuren von Kokain in Red Bull® Cola nachgewiesen wurden. Das Unternehmen weist diese Vorwürfe zurück, dennoch droht ein bundesweites Verkaufsverbot, nachdem bereits mehrere Bundesländer den Verkauf von Red Bull® Cola vorläufig gestoppt haben.

Kokain und Cola

ColaflascheBei der Herstellung von Cola werden seit Entwicklung des Erfrischungsgetränks durch den Coca Cola® Konzern Ende des 19. Jahrhunderts Aromen, gewonnen aus Extrakten von Blättern der Cocapflanze, zugesetzt. In der Tat enthalten Kokablätter nicht nur besagte Aromen, sondern auch das Rauschgift Kokain, wodurch sich auch der bis heute immer noch nicht restlos geklärte Mythos erklärt, dass in früheren Zeiten Coca Cola® tatsächlich bträchtliche Mengen an Kokain enthielt. KokainHeutzutage werden ausschließlich sogenannte entkokainierte, also kein Kokain enthaltene Extrakte verwendet. Hierzu wird zunächst das Kokain aus den Kokablättern herausgelöst, bevor diese dann für die Colaherstellung zur Aromabildung verwendet werden können. Qualitätskontrollen, die mit Hilfe der modernen chemischen Analytik problemlos durchzuführen sind, garantieren dann, dass "kein Kokain" in den Extrakten bzw. der damit hergestellten Cola vorhanden sind.

"Kein Kokain" - die moderne Spurenanalytik findet die Stecknadel in Heuhaufen

ChemistWas bedeutet eigentlich die Aussage, dass das Kokain aus den Kokablättern entfernt wurde? Ein restloses Entfernen ist praktisch niemals möglich, und die moderne Spurenanalytik ist heutzutage in der Lage, auch kleinste Mengen von Substanzen nachweisen zu können. So kann man beispielsweise Uran in Kochsalz oder in vielen Mineralwassern nachweisen, oder Morphium in Mohnbrötchen. Die Forderung, dass eine Substanz in einem Lebensmittel nicht vorhanden sein darf (Christoph Zörb, Sprecher des Wiesbadener Verbraucherministeriums "Da darf einfach kein Kokain drin sein"), ist daher so nicht sinnvoll. Vielmehr muss man einen erlaubten Grenzwert definieren, dessen Festsetzung nicht einfach und in vielen Fällen von politischen und ideellen Vorgaben und nicht auf wissenschaftlicher Grundlage definiert wird.

Schauen wir uns einmal die Mengen an Kokain an, die man in Red Bull gefunden hat. Es wurden 0.4 Mikrogramm / Liter nachgewiesen, dies entspricht in etwa dem Auflösen eines Zuckerwürfels in einem Supertanker. Diese Menge ist in keinster Weise gesundheitsgefährdend, macht nicht abhängig und kann auch keinen Rausch verursachen. Die normale Dosis an Kokain, die man in illegaler Weise schnupft, um sich in einen Rausch zu versetzten, liegt bei 20-30 Milligramm: Um dies zu erreichen müssten Sie etwa 50000 Liter Cola trinken.

Kokain - die Droge ist überall!

Euro-KokainIch sage voraus, dass man in den hier gefundenen Spuren auch Kokain in Colagetränken anderer Hersteller nachweisen wird. Wenn man einen Kokaintest an Ihren Händen durchführen würde, würde man in vielen Fällen ebenfalls fündig werden, auch wenn Sie es weit von sich weisen, jemals mit Kokain in Berührung gekommen zu sein. Eine kürzliche Studie hat nämlich gezeigt, dass 90% der Euroscheine Kokainspuren aufweisen, in USA ist angeblich sogar jede länger im Umlauf befindliche Ein-Dollar Note belastet. Und in Rom kann man Kokain in der Luft nachweisen, zwar etwa 1000 mal weniger als in der Red Bull® Cola gefunden wurde, aber im Gegensatz zum gelegentlichen Konsum der Cola atmen wir dafür auch ununterbrochen.

Analytische_ChemieNatürliches Red Bull Cola - ohne Chemie

Bedenklicher stimmen da schon die Meldungen, dass offenbar die Zusammensetzung der Red Bull® Cola stark schwankt, nicht nur hinsichtlich des in Spuren gefundenen Kokains, sondern auch in der in sehr viel größer vorhandenen Menge des Stimulanz Coffein, das ja die bekanntlichen Flügel verleihen soll. Mir wäre es wichtig, dass hinsichtlich dieser Substanz keine starken Schwankungen auftreten, damit man die Wirkung einschätzen kann. Red Bull® wirbt ja damit, ein "natürliches Cola ganz ohne Chemie" herzustellen. Vielleicht würde die Firma generell gut daran tun, "mit Chemie", vor allem mittels moderner chemischer Analytik eine gleichbleibende Qualität ihres Getränks sicherzustellen.

 

Artikel zum Thema:
Der Menthos-Cola-Mythos | Ohne Chemie | Mikrowelle – Gefahr für Babynahrung