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Oliver Reiser
Die Welt ist dreidimensional, und dies gilt auch für chemische Moleküle. Daher ist neben der Zusammensetzung eines Moleküls aus Atomen auch deren räumliche Anordnung von großer Wichtigkeit. Hier kommen nun die verschiednenen Arten von Stereoisomeren ins Spiel, deren Definitionen und Eigenschaften man kennen sollte.
Stereoisomere sind Isomere (= gleiche Summenformel) mit gleicher Konnektivität (alle Atome haben die gleichen Bindungspartner), aber unterschiedlicher Anordnung der Atome oder Atomgruppen im Raum. Stereoisomere, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, werden als Enantiomere bezeichnet, dabei ist es unerheblich, ob es sich um Konfigurationsisomere (können nur durch Bindungsbruch in einander überführt werden) oder um Konformationsisomere (können durch Drehung der Bindungen ineinander überführt werden) handelt.
Ein Molekül ist chiral (griechisch χειρ = Händigkeit, unsere Hände sind chiral und bilden ein Paar von Enantiomeren), wenn es ein nicht identisches Spiegelbild besitzt. Enantiomere sind daher immer chiral. Stereoisomere, die keine Enantiomere sind, werden als Diastereomere bezeichnet. Diastereomere können chiral sein, müssen es aber nicht. Schon das obige Beispiel der achiralen (achiral = nicht chiral) meso-Weinsäure zeigt, das Diastereomere nicht chiral sein müssen, ein anderes Beispiel für achirale Diastereomere sind cis/trans Isomere von Alkenen (s. Abbildung unten).
Enantiomere haben gleiche chemische (= Reaktivität) Eigenschaften gegenüber achiralen, aber sehr wohl unterschiedliche chemische Eigenschaften gegenüber anderen chiralen Molekülen. In eine rechte Hand passt ein achiraler Tennisball genausogut wie in eine linke Hand (Wechselwirkung zwischen chiralen und achiralen Objekten), aber einrechter Handschuh passt nur auf die rechte, nicht aber auf die linke Hand (Wechselwirkung zwischen chiralen Objekten). Die tragischen Ergeinisse um das Medikament Contergan™ Ende der 50er Jahre beruhten genau auf der Tatsache, dass ein Enantiomer des Contergans™ eine beruhigende Wirkung hatte, das andere Enantiomer dagegen zu schweren Mißbildungen von Föten während der Schwangerschaft hervorrief. Details hierzu und weitere interessante Geschichten rund um Chiralität können Sie in dem Artikel Rechts_und_Links_aus_der_Sicht_der_Moleküle in diesem Portal nachlesen.
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